Im März 2024 fand die Pierra Creta – das südlichste Skitourenrennen Europas – zum sechsten Mal seit ihrem zehnjährigen Bestehen statt. Seit Monaten haben wir uns auf dieses Event gefreut. Und das aus gutem Grund, denn auch beim dritten Mal, wo wir dabei sein durften (siehe Berichte aus 2019 und 2022), wurden wir nicht enttäuscht! Pierra Creta steht für pure Lebensfreude, Tanzen, Raki, viele neue Freundschaften, Schnee, Sonne und Meer. Ja, all das ist die Pierra Creta, organisiert von einer beeindruckenden kleinen Skimo-Community, welche an diesem Wochenende eine unvergessliche Veranstaltung für Skitourenbegeisterte (und die, die es noch werden wollen) auf die Beine gestellt hat. Aber alles der Reihe nach!
Erste Highlights und Überraschungen bei der Registrierung
Am Vortag des Rennens ging es erst einmal zur Registrierung bzw. zur Abholung der Startnummern und Goodie Bags, die jeses Mal aufs Neue mit tollen regionalen Produkten und Gimmicks der Sponsoren wie ARVA Snow Safety Equipment oder Dynafit befüllt werden. Außerdem erlebten wir gleich die ersten Überraschungen:
#1 „Das Model und der Fotograf„
Gleich beim Eingang zur Registrierung standen Roll Up Banner. Das Überraschende dabei? Die Fotos waren von Roli (Pierra Creta 2022) und sogar das abgebildete Model, unsere belgische Freundin Lien, war hier. Da staunten die Griechen nicht schlecht, als wir ihnen sagten, dass sich das Model (Lien) und der Fotograf (Roli) gerade registrieren. Die Verwendung der Fotos wurde zwar vorab angefragt, aber wir wussten nicht genau, wofür diese alles verwendet werden.
#2 „Das sind doch die zwei!“
Als wir uns zur Registrierung anstellten, hörten wir zwei Damen sagen: „Schau, das sind doch die zwei vom Bergfilmfestival!“. Erfreut habe ich mich zu den beiden umgedreht, zwei Salzburgerinnen (Melina und Birgit), welche unseren Vortrag beim Salzburger Bergfilmfestival im November 2023 gesehen haben und bereits während des Vortrags entschieden haben, dass sie auch zur Pierra Creta wollen (wie sie uns später erzählt haben). Was für ein Zufall, dass wir uns gleich bei der Registrierung über den Weg gelaufen sind. Wir haben uns sehr gefreut, dass sie uns angsprochen haben und haben uns gleich bestens verstanden.
#3 „The Ambassador“
Die nächste Überraschung war ein Kameramann, der uns zum Interview gebeten hat. Wir sind keine professionellen Athleten, fühlten uns aber ein bisschen so beim Interview. Was daraus wurde, könnt ihr euch hier anschauen. Fun Fact: Seit dem Interview werde ich von den Griechen liebevoll nur noch „The Ambassador“ genannt.
#4 „Land und Leute“
Nach einer kurzen Skitour zur Streckenbesichtigung ging es weiter zum Briefing. Doch davor erwartete uns noch ein Folklore-Tanzkurs sowie eine Olivenölverkostung von Terra Creta. Das konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen! Toll, was alles organisiert wird, um möglichst viele Facetten der Insel und der Kultur kennen zu lernen.
Rennen mit Livemusik, Raki und Souvlaki
Über 200 Athlet:innen versammelten sich am Samstag frühmorgens im Start-Zielbereich, dem „Base Camp“. (Ok, wer die Griechen bereits kennt, kommt nicht ganz so bald frühmorgens zum Rennen.) Die Teams waren bunt durchgemischt: Vom erfahrenen Skibergsteiger (wie dem Sellaronda Präsidenten Oswald Santin oder dem spanischen ISMF Schiedsrichter Antonio Masague) über Renn-Neulinge (ein Australier, der zwar Skifahren konnte, aber noch nie mit Tourenski aufgestiegen ist) bis hin zu Splittboardern. Dass die Pierra Creta mitterweile auch außerhalb der Insel bekannt und eine beliebte Veranstaltung ist, verdeutlichte das internationale Starterfeld: Mit rund 120 Teilnehmer:innen aus 14 Nationen und 90 nationalen Skibergsteiger:innen waren heuer erstmals mehr internationale Gäste als Griech:innen angemeldet.
Langsam wurde es ernst und die Athlet:innen zur Aufstellung gebeten. Wer schon öfter dabei war weiß: Der Countdown startet niemals vor der Tanz- und Gesangsvorführung. Und auch „Papa Andreas“, der Priester aus dem kleinen Dorf Livadia, darf nicht fehlen. Für Neulinge ist dieses Ritual stets eine große Überraschung und sorgt für viel Staunen.
Für die zwei Strecken hat das Organisationsteam ganz Arbeit geleistet und zwei äußerst interessante und abwechslungsreiche Individual-Strecken in die endlosen Weiten rund um den Psiloritis, dem höchsten Berg der Insel mit 2.456 m, gezaubert:
- Route A: 1.800 Höhenmeter mit vier Anstiegen inklusive einer Tragepassage und vier Abfahrten
- Die kürzere Route B: 900 Höhenmeter mit drei Anstiegen und Abfahrten
Da das Rennen kein Einzelrennen ist, müssen die Strecken jeweils als 2er- oder 3er-Team (Männer, Frauen oder Mixed) bewältigt werden. Man darf in der Wechselzone erst weiter, wenn das Team vollständig da ist. Auf Grund der Schneesituation war heuer neu, dass wir die Ski vom Start ca. 100 m weit tragen mussten. (Am Rucksack oder in den Händen … das wurde nicht so genau genommen.) Die besonders Ehrgeizigen sind wie die Profis los gesprintet. Wir sind es ein bisschen gemütlicher angegangen, ganz nach dem Motto „Wave and Smile!“. Das Video gibt euch eine super Zusammenfassung und Einblicke zur Pierra Creta:
Während die Athlet:innen unterwegs waren bzw. bis alle zurück im Ziel waren, flossen in der Zwischenzeit Raki und Bier in Strömen an der Bar, die im „Base Camp“ aufgebaut war. Und auch die griechischen Musiker waren per Lautsprecher auf der Strecke immer wieder zu hören. Dank des schönen Wetters hatte niemand einen Stress, nach dem Rennen rasch in die Unterkunft zu kommen. Im Gegenteil, wir genossen den traumhaften Tag bis zum Abschluss ein letzter gemeinsamer Sirtaki getanzt wurde.
Siegerehrung und Party oder: Survival of the fittest
Wer glaubt, dass nach einem langen und intensiven Tag alles vorbei ist, der irrt sich. Denn der wichtigste Teil startet abends. Das ist die Siegerehrung und die Party. Wobei uns das Wort „Party“ fast zu harmlos erscheint. Tatsächlich handelt es sich um eine Völlerei. Das unglaublich leckere Essen scheint den ganzen Abend lang kein Ende zu nehmen und auch der Wein wird ständig nachgeschenkt. Dazwischen wird immer wieder mit Raki auf alles mögliche angestoßen: Auf die Gewinner:innen, die Freundschaft, das Leben … auf … ach egal auf was! Jamas! Da kann es schon einmal passieren, dass der ein oder die andere am nächsten Tag einen Filmriss hat. (Namen werden hier natürlich nicht genannt, oder Roli, Lien, Nikiforos?)
Bei der großen Beteiligung österreichischer Athlet:innen war es besonders erfreulich, dass die österreichischen Damen das Podium rockten! Lien und Simone holten sich als Team „ARVA Skimo Friends“ den Damen-Sieg auf der langen Strecke. Auf der kürzeren Route gewannen Irmi (die mit uns mit war) und ihre kretische Teamkollegin Eleni, welche sie vor Ort bei der Registrierung kennengelernt hat und spontan das Team „Helios“ gründeten. Den dritten Platz belegten ebenfalls zwei Salzburgerinnen – das Team „Salzburger Nocke“ mit Melina und Birgit.
Ein riesen Lob an das Team
Die reibungslose Durchführung eines solchen Rennens mitten im Ida-Gebirge ohne ausgebauter Infrastruktur ist nur dank der Hilfe von über 100 engagierten Helfer:innen möglich. Freiwillige der Bergsteigervereine von Chania, Rethymnon, Heraklion, Moira und Lasithi sowie Mitglieder ansässiger Kulturvereine von Anogia, Zoniana und Livadia und des Roten Kreuzes unterstützten das Event mit ihrem Einsatz vor und während des Rennens. Einfach top!
Zum Schluss noch ein Geheimnis
Lien und ich waren vermutlich deshalb so schnell, weil wir einen neuen Rekord beim Rennen geschafft haben: Nicht die Zeit, sondern die Anzahl an Rakomelo während des Rennens. Aus uns unerklärlichen Gründen, bekamen wir nicht nur bei der offiziellen Raki-Bar vor dem letzten Anstieg ein Stamperl, sondern bei fast jeder Wechselzone. Das waren dann fünf Rakomelo. Ob unsere Konkurrentin darauf Einfluss hatten oder ob es daran lag, dass uns viele kennen, das konnten wir nicht klären.
[Tour vom 09/03/2024]
Eckdaten zur Tour
- Ausgangspunkt: einfach Pierra Creta auf Google Maps eingeben. Der Startpunkt variiert von Rennen zu Rennen, je nach Schneelage
- Höhenmeter: Route A – 1.348 hm (leicht verkürzt auf Grund der eisigen Verhältnisse am Psiloritis)
- Kilometer: Route A – 11,18 km
- Wetter: perfekt! Sonnenschein und wenig Wind. Im Base Camp war es sogar komplett windstil.
- G’störte Tour weil: wir ohne (sportliches und trinkerisches) Training am Rennen teilgenommen und gewonnen haben.
- Erwähnenswertes: Voraussetzung für das Rennen ist nicht Schnelligkeit, sondern Gelassenheit und sich auf das Leben in Kreta einzulassen. Die Uhr tickt hier deutlich langsamer und das ist wunderbar.
Touren-Highlights
Fotos: Pierra Creta und Simone Binder