Diesen Beitrag widme ich unserem verstorbenen blinden Hund Eli [sprich: Ilay]. Lange, bevor es die Idee zu G’störte Touren gab, haben mich bereits viele für gestört gehalten, als ich einen blinden Beagle adoptierte. Dieser Beitrag soll aber nicht nur eine Erinnerung an einen tollen Gefährten sein, sondern Mut machen, mit einem blinden Hund einen ganz normalen Alltag zu erleben. Das klappt nämlich ganz wunderbar, wenn man sich darauf einlässt.
Die Geschichte vom misshandelten Welpen, der zum passionierten Bergsteiger wurde.
Eli’s ursprünglicher Name war Baby. Mit drei Monaten wurde er Opfer einer brutalen Misshandlung in Rumänien. Er sollte von Jugendlichen zu Tode gesteinigt und geprügelt werden, was er jedoch überlebte. Die Folgen waren schwer: Zahlreiche Prellungen und Knochenbrüche und durch die schweren Misshandlungen verlor er sein Augenlicht. Ich übernahm die Patenschaft, damit ihn die Hundehilfe (wo auch Diego her ist) nach Österreich holen konnte. Die Überlegung war, dass man eventuell seine Augen operieren kann. Doch die Diagnose war eindeutig: Die Tierärzte konnten nichts mehr für seine Augen tun, er wird blind bleiben. Eigentlich wollte ich Baby nur einen Besuch abstatten, doch als er den Raum betrat, war es Liebe auf den ersten Blick und es war klar: diese kleine Fellnase kommt mit zu uns!
Aus „Baby“ wird „Eli“ – ein selbstbewusster, typischer Beagle-Sturkopf.
Als erstes musste der Name geändert werden, denn wie hört sich dass an, wenn ich „Baby“ rufe. Es sollte ein besonderer Name sein, kein 08/15-Hundename. Daher kam ich auf die Idee „Eli“, angelehnt an den Film „The Book of Eli – Der letzte Kämpfer“, wo ein Blinder die Welt rettet.
Als ich Eli den ersten Personen in meinem Umfeld vorstellte, waren die Reaktionen wenig bestärkend und nicht besonders positiv. Die meisten haben mir den Vogel gezeigt und gemeint, dass ich jetzt völlig verrückt bin, und was ich denn bitte mit so einem „behinderten“ Hund machen will! Der schränkt mich ja nur ein. Die Meinungen der anderen waren mir aber egal und das Allerwichtigste: Wir haben es allen gezeigt, was ein blinder Hund alles kann und wie viel Lebensfreude in so einem kleinen Kerlchen steckt!
Das Wandern ist des Eli’s Lust!
Trotz Eli’s Blindheit hat sich rasch herausgestellt, dass er gar nicht so blind ist. Er meisterte den Alltag mit Bravour und war in keinster Weise ein „behinderter Hund“. Im Gegenteil, mit Diego an seiner Seite als Blindenhund, lernte er rasch alle Dummheiten und war bei jedem Abenteuer live mit dabei. Er lernte die Kommandos „Achtung“ und „Vorsicht“, was bedeutete, dass er langsam gehen musste (weil z. B. ein schwieriger Untergrund oder ein Kanalgitter kommt) und „Stopp“, was das Kommando für sofortiges Stehenbleiben war. Auch „Hopp“ hatten wir in unserem Repertoire und bedeutete für ihn, dass er springen musste. Innerhalb kürzester Zeit waren wir ein eingeschworenes Team und er vertraute mir zur 100 %. So war es uns möglich, zahlreiche Berggipfel zu erklimmen. Wege und Trampelpfade konnte er ausgezeichnet erschnüffeln, so dass viele Leute nicht erahnten, dass er tatsächlich blind war – bis er dann doch mit seinem Kopf wo aneckte. Die Höhe von Stufen ertastete er mit seiner Schnauze und beim Schwimmen im See oder beim Laufen auf der Wiese fand er durch meine Rufe immer wieder zurück.
Und wenn es für Eli zu schwierig oder zu weit wurde, dann packten wir ihn in den Rucksack und marschierten weiter. Ihr könnt euch das Staunen der Leute vorstellen, als wir mit unserem kleinen, blinden Bergsteiger am Gipfel ankamen – Anstiege und Gipfel, wie z. B. der Schober oder die Glöcknerin, die viele Personen mit zwei sehenden Augen oft schwierig finden. Etwas langsamer, dafür mit einer großen Portion Lebensfreude erlebten wir viele unvergessliche Abenteuer.
Eli’s Lieblingsjahreszeit: Der Winter. What else?!
Für Eli gab es nichts Schöneres, als den ersten Schnee. Davon konnte er nicht genug bekommen. Wie ein Schneepflug grub er sich durch das weiße Pulver, robbte die Hänge im Tiefschnee hinunter und powerte sich so richtig aus.
Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende.
Leider erlitt Eli immer wieder epileptische Anfälle – vermutlich eine Spätfolge seiner Misshandlungen. Diese Anfälle wurden immer mehr und hatten zur Folge, dass er seine letzten Anfälle nicht überlebte. Am Morgen des 1. Februars 2016 hatte er mehrere Anfälle hintereinander. Wir brachten ihn in die Tierklinik , wo ihn Tierärzte per Narkose stabilisiert haben und seine Anfälle beenden konnten. Aber aus dieser Narkose ist er nicht mehr aufgewacht, seine Organe haben versagt. Dieser Tag war einer der schlimmsten in meinem Leben (was oft nur andere Hunde- und Tierbesitzer verstehen). Auch wenn es ein kurzes Hundeleben für Eli war – er hat mehr erlebt, als so manch anderer Hund und Mensch. Mit großer Freude schaue ich mir immer noch, viele Jahre nach seinem Tod, Bilder von ihm an und muss jedes Mal lachen, was wir alles erlebt haben und wie unglaublich er sein Leben gemeistert hat. Ganz zu schweigen von all den vielen Dingen, die er mir gelernt hat und wofür ich sehr dankbar bin!
Meine Botschaft: Keine Angst vor „Handicap-Hunden“!
Wie oben beschrieben, waren die ersten Reaktionen in meinem Umfeld nicht alle positiv, das wurden sie erst mit der Zeit, als die Leute gesehen haben, was für ein lustiger Hund Eli ist und wie viel wir gemeinsam unternommen haben.
Ein blinder Hund muss nicht zwingend ein verstörter und verängstigter Hund sein. Unser blinder Eli hat uns rasch gezeigt, dass er genauso, wie seine sehenden Hundefreunde herumtoben und die Welt entdecken will und kann.
Eli war immer und überall dabei. Wir haben ihm viele Dinge zugetraut, mit ihm geübt und er wurde zu einem wunderbaren, selbstbewussten Wesen. Durch seine wundervolle, unbeschwerte Art und durch sein lebensfrohes Sein hat er uns Sehenden ganz oft die Augen geöffnet und wurde zum Liebling aller.
Zum Schluss noch eine kleine Anekdote aus unseren ersten gemeinsamen Tagen:
Ich habe mir zu Beginn sehr viele Gedanken gemacht, wie ich anderen Hundebesitzern und Menschen möglichst schnell vermitteln kann, dass Eli blind ist und sie etwas mehr Rücksicht auf ihn geben. Daher habe ich eine kleine, gelbe Blindenschleife mit drei schwarzen Punkten für sein Brustgeschirr genäht. Das Lustige war jedoch, dass die Leute dachten, dass ich blind bin und haben gemeint: „Ein Beagle ist aber ein sehr untypischer Blindenhund!“ Was? Ich habe doch einen Labrador gekauft! Frechheit! … Die Blindenschleife habe ich schnell wieder entfernt und außerdem war sie völlig unnötig, denn Begegnungen mit anderen Hunden haben zu 90 % super geklappt. Und die restlichen 10 % der Hunde, die auf Eli losgegangen sind, hatten meist auch idiotische, hirnlose Besitzer!
[In Erinnerung an Eli: 15/03/2011 – 01/02/2016]